Vorübergehend - Lernunterlage für Staatsbürgerschaft

Ich lerne für Staatsbürgerschaft Prüfung und will besser lesbare Text haben (e.g. nicht zu breit fürs Handy).

1. Die Geschichte Österreichs

  1. Frühe Siedler

    1. Römer, Slawen und Germanen

      Vor 2000 Jahren lebten Kelten und Römer auf dem Gebiet des heutigen Österreich.

      Für das Gebiet des heutigen Österreich begann die Römerzeit um Christi Geburt, also vor etwas mehr als 2000 Jahren. Zu dieser Zeit gab es auf dem Gebiet des heutigen Österreich schon einige keltische Königreiche. Diese Königreiche wurden in der Zeit um Christi Geburt schließlich Teil des Römischen Reiches. Die Donau bildete damals die Grenze des Römischen Reiches.

      Die Germanen waren Vorfahren der Deutschen.

      Die Römerzeit dauerte fast 500 Jahre lang und endete mit einer großen Völkerwanderung, und zwar der Einwanderung germanischer Völker, die das Römische Reich eroberten.

      Nach dem Ende der Römerzeit kamen Slawen, Alemannen Bajuwaren und Ungarn ins Land.

      Nach dem Ende der Römerzeit kamen zunächst slawische Siedler/innen in das Gebiet des heutigen Österreich. Sie lebten in den Alpen und im Donautal. Im Westen Österreichs lebten alemannische Siedler/innen. Etwa ab dem Jahr 600 wanderten auch Vorfahren der heutigen Bayern (= Bajuwaren) in das Gebiet des heutigen Österreich ein. Dieser Besiedelung verdankt Österreich auch seinen Namen. Im Jahr 996 wurde der Name „Ostarrichi“ (= Österreich) erstmals in der Urkunde eines deutschen Kaisers erwähnt. Ursprünglich bezeichnete „Ostarrichi“ eine Gegend im Westen von Niederösterreich.

      Etwa ab dem Jahr 900 lebten im Osten Österreichs auch Ungarinnen/ Ungarn. Sie kamen von Asien nach Europa. Bis heute gibt es im Burgenland eine kleine Minderheit von Einheimischen, die Ungarisch sprechen.

    2. Spuren der Vergangenheit

      Einige Spuren der Römer sind heute noch zu finden. So wurden z.B. einige wichtige Städte Österreichs in der Römerzeit gegründet und hatten damals lateinische Namen. Wien hieß „Vindobona“, Linz war „Lentia“. Die größte römische Siedlung war „Carnuntum“ und hatte in seiner Blütezeit etwa 50.000 Einwohner/innen.

      Das „Heidentor“ bei Carnuntum: Ein Triumphbogen für Kaiser Konstantin II.

      In Wien beispielsweise erinnern einige Ausgrabungen an die Römerzeit. Einige Straßen in Wien sind heute noch dort, wo die Römer sie gebaut haben (z.B. die Marc-Aurel-Straße).

      Plan des Militärlagers in Vindobona während der Römerzeit. Diese Straßen befinden sich heute im 1. Wiener Gemeindebezirk

      An die Zuwanderung von Slawen erinnern geographische Ortsnamen und Minderheiten. Bis heute haben in Österreich die Namen einiger Städte und Gemeinden (z.B. Graz, Zwettl, Windischgarsten), einiger Berge (z.B. Rax, Dobratsch) und einiger Flüsse (z.B. die Mur) einen slawischen Ursprung. Die heute in Kärnten lebenden Sloweneninnen/Slowenen sind Nachfahren der slawischen Siedler/innen, die damals ins Land kamen. Die Vorfahren der heute im Burgenland lebenden Kroatinnen/Kroaten kamen im 16. Jahrhundert ins Land.

      Viele Ortsnamen erinnern an die Zuwanderung der Bajuwarinnen/Bajuwaren. Beispiele dafür sind Ortsnamen, die auf „-reuth“, „-ried“ oder „-schlag“ enden. Die Zuwanderung der Alemanninnen/Alemannen und der Bajuwarinnen/Bajuwaren ist auch der wichtigste Grund, warum in Österreich heute vorwiegend Deutsch gesprochen wird.

    Beispielfrage 1

    Zu welchem großen Reich gehörte Österreich ab Christi Geburt fast 500 Jahre lang?

    • Zum Römischen Reich
    • Zum Ägyptischen Reich
    • Zum Chinesischen Reich
    • Zum Persischen Reich
  2. Die Herrschaft der Habsburger und die Auswirkungen auf das heutige Österreich

    1. Habsburger haben in Österreich fast 650 Jahre lang regiert

      Der alte Wohnsitz der Familie Habsburg war die Habichtsburg in der Schweiz.

      Die Familie der Habsburger lebte ursprünglich in der Schweiz. Ab dem Jahr 1273 regierten sie als Herrscher über viele Jahrhunderte in Österreich. Neben Wien waren auch Prag, Budapest und Pressburg (Bratislava) Hauptstädte und Residenzstädte der Habsburger.

      Die Habsburger waren über viele Jahrhunderte Herrscher in Österreich, aber auch in einigen anderen Ländern Europas.

      Die Habsburger herrschten am Anfang nur in Ober- und Niederösterreich sowie in der Steiermark. Später kamen auch Kärnten und Tirol sowie Vorarlberg und das Gebiet des heutigen Burgenlands unter die Herrschaft der Habsburger. Salzburg wurde erst ab dem frühen 19. Jahrhundert von den Habsburgern regiert.

      Etwa ab dem Jahr 1500 erweiterten die Habsburger ihr Herrschaftsgebiet auch auf andere Länder Europas. „Kriege mögen andere führen, Du – glückliches Österreich – heirate!“ Dieser berühmte Spruch wird zitiert, um den Aufstieg der Habsburger durch erfolgreiche Heiratspolitik zu beschreiben. Die Niederlande und Belgien, Spanien, Böhmen und Ungarn wurden durch Hochzeiten für das Haus Habsburg gewonnen. Um diesen Besitz aus Heirat und Erbschaften zu verteidigen, mussten die Habsburger dann allerdings doch wieder viele Kriege führen.

      Mitglieder der Familie Habsburg regierten nicht nur in Österreich. Sie waren zugleich auch deutsche Könige und römisch-deutsche Kaiser. Dies war möglich, weil das, was heute Österreich ist, vom Mittelalter bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts Teil des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ war. Diesen komplizierten Namen trug Deutschland damals.

      Ab 1867 hieß das Kaiserreich „Österreich-Ungarn“.

      Einen eigenen österreichischen Staat gibt es erst seit der Gründung des „Kaiserreichs Österreich“ im Jahr 1804. Kaiser dieses Landes waren die Habsburger. Von 1867 bis 1918 hieß dieser Staat „Österreich-Ungarn“. Zum Kaiserreich Österreich gehörten damals das Gebiet der heutigen Tschechischen Republik, der Slowakei, das südliche Polen, die West-Ukraine, Ungarn, Kroatien, Slowenien, Bosnien sowie Teile von Rumänien und Nord-Italien.

    2. Maria Theresia: Die „große Reformerin“?

      Maria Theresia, 1717 – 1780
      (Regierungszeit: 1740-1780)
      Sie setzte viele Reformen durch.

      Eine der wichtigsten Herrscher/innen des Hauses Habsburg war Maria Theresia. In ihrer Regierungszeit gab es viele Reformen mit bleibender Wirkung: Damals wurde in Österreich damit begonnen, eine einheitliche Verwaltung zu schaffen. Zum ersten Mal wurde festgelegt, dass Kinder in die Schule gehen müssen (= Schulpflicht). Diese Schulpflicht gilt bis heute. Maria Theresia hat auch die Schulbücher vereinheitlicht und eine Kontrolle aller Schulen eingeführt. Unter Maria Theresia wurde die Folter abgeschafft. Und die Armee wurde reformiert – z.B. durch die Gründung der Militärakademie.

      Es gibt allerdings die Meinung, dass das Bild einer liebevollen Landesmutter nicht ganz der Realität entspricht. Während ihrer Regierungszeit wurden zum Beispiel evangelische Christinnen/Christen (Protestantinnen/ Protestanten) wegen ihres Glaubens aus Österreich vertrieben. Manche flüchteten ins Ausland. Viele mussten in andere Gebiete der Habsburger-Monarchie, weit entfernt von ihrer Heimat, übersiedeln.

    Beispielfrage 2

    Die Staatsgebiete welcher heutigen Staaten gehörten im Laufe der Geschichte zeitweise zum Kaiserreich Österreich?

    • Slowakei
    • Kroatien
    • Ungarn
    • Finnland
  3. Umbrüche im 19. Jahrhundert

    1. Politische und wirtschaftliche Veränderungen im 19. Jahrhundert

      Die „industrielle Revolution“: Sie veränderte Österreichs Wirtschaft und Gesellschaft.

      Im 19. Jahrhundert kam es zu großen wirtschaftlichen und politischen Veränderungen. Österreich wurde ein moderner Staat. Mit der Zeit entstand eine einheitliche Verwaltung mit Schulen, Gerichten und Finanzämtern.

      Zur gleichen Zeit entstanden die ersten modernen Industriebetriebe und ein Verkehrsnetz. Deswegen heißt diese Zeit auch „industrielle Revolution“. Große Bedeutung hatten vor allem die Eisen- und Stahlindustrie sowie die Textilindustrie. Durch Eisenbahnen und Dampfschiffe konnten erheblich mehr Personen und Waren transportiert werden. Und das Reisen und der Transport von Waren wurden schneller.

      Motorwagen des österreichischen Auto-Pioniers Siegfried Marcus aus dem Jahr 1889

      Viele Menschen übersiedelten damals vom Land in die Städte. Innerhalb weniger Jahrzehnte wurde die Hauptstadt Wien zu einer Stadt mit rund 2 Millionen Einwohnerinnen/Einwohnern. Unter den Zuwanderinnen/Zuwanderern, die nach Wien kamen, waren viele Menschen, die Tschechisch, Slowakisch, Polnisch oder Kroatisch sprachen. Es kamen auch viele jüdische Zuwanderinnen/Zuwanderer – insbesondere aus den östlichen Teilen der Monarchie.

      Mit der Entwicklung der Industrie entstanden auch neue soziale Gruppen: Arbeiter/innen, Angestellte und Unternehmer/innen, die politische Mitsprache einforderten. Lange Zeit regierten die Habsburger jedoch als absolute Herrscher. Darunter versteht man die alleinige Herrschaft des Staatsoberhauptes ohne Mitwirkung des Volkes. Die neuen sozialen Gruppen waren damit nicht einverstanden und wollten mehr politische Rechte.

      1848 kam es schließlich zu einer politischen Revolution. Studentinnen/Studenten, Bürger/innen und Bäuerinnen/Bauern forderten Freiheit und Bürgerrechte. Sie forderten eine Verfassung und Wahlen zu einem Parlament. Gesetze sollten nicht mehr allein vom Kaiser, sondern vom Parlament beschlossen werden.

      In Ungarn und in Nord-Italien kämpften die Revolutionärinnen/Revolutionäre noch für ein anderes Ziel. Sie wollten nicht mehr Teil des Kaiserreichs Österreich sein, sondern in einem eigenen unabhängigen Staat leben.

      Für kurze Zeit war die Revolution von 1848 erfolgreich. Österreich bekam seine erste Verfassung. Ein Parlament wurde gewählt, das damals „Reichsrat“ hieß. Dieses Parlament beschloss wichtige Reformen.

      Die Revolution von 1848 scheiterte. Aber viele Forderungen der Revolutionärinnen/Revolutionäre wurden nach 1867 verwirklicht.

      Ungarn erklärte sich 1848 für unabhängig und wählte eine eigene Regierung. Doch schon 1849, also ein Jahr später, wurde die Revolution in Österreich und Ungarn von Kaiser Franz Josef mit Gewalt unterdrückt. Das österreichische Parlament und die unabhängige Regierung in Ungarn wurden wieder aufgelöst. Viele Revolutionärinnen/Revolutionäre wurden hingerichtet oder mussten ins Ausland fliehen.

    2. Was blieb von der Revolution 1848?

      Einige wichtige Reformen blieben trotz der Unterdrückung der Revolution bestehen. Dazu gehört die Befreiung der Bauern von ihren bisherigen Grundbesitzern. Die Bauern mussten nun nicht mehr ohne Bezahlung für die Grundherren arbeiten. Sie durften ihre Ernte behalten oder verkaufen, ohne einen Teil der Ernte an die Grundherren abgeben zu müssen.

      Zu den Reformen gehörte auch die Einführung einer modernen Verwaltung. Die Gemeinden hatten nach 1848 erstmals einen demokratisch gewählten Bürgermeister und einen Gemeinderat. Die Gründung von Bezirksgerichten machte es für viele Bürger/innen leichter, ihre Rechte einzuklagen. Justiz und Verwaltung wurden getrennt. Und es wurden Geschworenengerichte eingeführt. Das bedeutet: Auch ganz normale Bürger/innen dürfen seither bei Gerichtsprozessen am Urteil mitwirken.

    Beispielfrage 3

    Die Revolution von 1848 betraf auch das Kaiserreich Österreich. Was waren wesentliche Forderungen in der Revolution von 1848?

    • Freiheit und Bürgerrechte
    • Unabhängigkeit vom Kaiserreich Österreich (z.B. Ungarn)
    • Eine Verfassung
    • Mehr Rechte für den Kaiser
  4. Der Aufstieg der Nationalstaaten und das Ende der Habsburger-Monarchie

    1. Österreich als Vielvölkerstaat

      Aus dem Kaiserreich Österreich wurde 1867 die Monarchie Österreich-Ungarn mit je einem Parlament, einer Regierung und einer Staatsbürgerschaft. Ungarn wurde ein eigener Staat. Österreich und Ungarn bekamen jeweils eine eigene Verfassung (in Österreich: österreichisches Staatsgrundgesetz von 1867). Damit wurde vieles Wirklichkeit, was schon die Revolutionärinnen/Revolutionäre von 1848 gefordert hatten.

      Kaiser Franz Josef, 1830–1916
      (Regierungszeit: 1848–1916)

      Beide Länder behielten aber eine gemeinsame Armee und ein gemeinsames Außenministerium. Kaiser Franz Josef blieb das gemeinsame Staatsoberhaupt von Österreich und Ungarn, aber seine Macht war durch die beiden Parlamente und Regierungen eingeschränkt.

      In Österreich lebten viele verschiedene Völker. Im 19. Jahrhundert waren elf Sprachen offiziell anerkannt. Daher nannte man diesen Staat auch einen „Vielvölker-Staat“. Die Einwohner/innen hatten ganz unterschiedliche Religionen. Es gab katholische, evangelische und orthodoxe Christinnen/ Christen. Das Judentum und der Islam waren in der Monarchie ebenfalls anerkannte Religionen. Viele Tschechinnen/Tschechen, Slowakinnen/ Slowaken, Polinnen/Polen, Sloweninnen/Slowenen, Kroatinnen/Kroaten, Italiener/innen und Rumäninnen/Rumänen waren mit der Situation aber nicht zufrieden. Sie wollten genauso viel Unabhängigkeit wie die Ungarn.

    2. Nationalstaat statt Vielvölkerstaat

      Im 19. Jahrhundert entstand in Europa die Idee des Nationalstaates. In so einem Staat sollte jeweils nur ein Volk leben. Und was ein Volk ist, wurde auch neu gesehen. Als Volk bezeichnete man damals: alle Menschen, die eine gemeinsame Sprache sprechen und eine gemeinsame Kultur haben.

      Aus den Bewohnerinnen/Bewohnern Böhmens und Mährens, die slawisch sprachen, wurden so im 19. Jahrhundert „Tschechinnen/Tschechen“. Die Slowenisch sprechenden Bewohner/innen Kärntens, der Krain und der Steiermark nannten sich nun „Sloweninnen/Slowenen“. Und jene Bewohner/innen der Alpenländer, Böhmens und Mährens, die Deutsch sprachen, nannten sich nun „Deutsche“.

      Österreich-Ungarn verlor den Ersten Weltkrieg (1914–1918). Schon zuvor hatten Vertreter/innen der verschiedenen Völker Österreich-Ungarns ihre fehlenden Rechte beklagt, ihre Unterschiede betont und mehr Selbstständigkeit verlangt. 1918 endete das Zusammenleben der Völker in einem Staat. Österreich-Ungarn mit seinen vielen Völkern zerfiel in einzelne Nationalstaaten. Einige von ihnen waren selbst wieder mehrsprachige Vielvölkerstaaten, wie etwa die Tschechoslowakei oder Jugoslawien.

      Heute sind viele Länder in Europa Nationalstaaten mit vielen Völkern im Land. Aber die Ursachen sind andere. Viele Nationalstaaten sind durch Zuwanderung „bunt“ geworden. Das gilt auch für Österreich.

      Durch Einbürgerung gibt es immer mehr Österreicher/innen, die als Zuwanderinnen/Zuwanderer aus Bosnien, Serbien, dem Kosovo, Kroatien, aus der Türkei, aus Polen, Deutschland und vielen anderen Ländern der Welt nach Österreich gekommen sind. Viele dieser Bürger/innen sagen: „Ich bin Österreicher/in“. Viele sagen aber auch: „Ich bin Österreicher/in. Ich habe aber – zum Beispiel – serbische, türkische oder bosnische Wurzeln.“ Das ist ein Bekenntnis zur neuen Heimat, aber auch zur eigenen Herkunft (oder zur Herkunft der Eltern).

      In den Nationalstaaten des 19. Jahrhunderts und des frühen 20. Jahrhunderts waren Menschen mit anderer Sprache oder anderer Herkunft nicht willkommen. Menschen mit anderen Sprachen oder einer anderen Religion wurden unterdrückt. Manche mussten in ein anderes Land fliehen.

      Heute garantiert eine offene Gesellschaft die Rechte aller Menschen. Und sie erkennt die Vielfalt als Chance.

    Beispielfrage 4

    Welche der Religionen waren 1918 (Ende der Monarchie) in Österreich-Ungarn offiziell anerkannt?

    • Konfuzianismus
    • Islam
    • Judentum
    • Buddhismus
  5. 1918–1938: Das Ende der Monarchie, die Erste Republik und der Ständestaat

    1. Ende der Monarchie, Beginn der Republik

      Der Erste Weltkrieg dauerte von 1914 bis 1918. Damals war Österreich-Ungarn mit Deutschland, Bulgarien und der Türkei verbündet. Dieses Bündnis verlor den Ersten Weltkrieg. Die Niederlage führte zum Zerfall des „Vielvölkerstaates“ Österreich-Ungarn. Damit endete auch die Herrschaft der Habsburger.

      Auf dem Gebiet des alten Österreich-Ungarn wurden 1918 neue Staaten gegründet. Damals entstanden die Tschechoslowakei, Polen, Jugoslawien sowie ein verkleinertes Ungarn und ein verkleinertes Österreich. Teile des alten Österreich-Ungarn gehörten nach 1918 zu Italien und zu Rumänien. Die Grenzen all dieser Länder wurden neu festgelegt. Das führte in vielen Fällen zu heftigem Streit und zu neuen Feindschaften.

      Im November 1918 wurde die Republik Österreich ausgerufen. Karl Renner wurde der erste Staatskanzler (= Regierungschef). Zur Republik Österreich gehörten jene Gebiete des Alpen- und Donauraums, in denen die meisten Einwohner/innen Deutsch sprachen. Deshalb sollte das Land ursprünglich „Republik Deutsch-Österreich“ heißen.

      Dr. Karl Renner,
      erster Staatskanzler der Republik Österreich von 1918 bis 1920;
      Bundespräsident von 1945 bis 1950

      1919 schlossen die Sieger des Ersten Weltkrieges mit Österreich in Saint Germain (= ein Vorort von Paris) einen Friedensvertrag. Dieser Friedensvertrag verbot Österreich die Vereinigung mit Deutschland und legte auch den Namen des Staates fest: „Republik Österreich“.

      Im Oktober 1920 wurde die österreichische Bundesverfassung (B-VG) beschlossen. Sie ist auch heute noch gültig. Durch diese Verfassung ist die Republik Österreich ein Bundesstaat. Seit 1921 hat Österreich neun Bundesländer. Wien wurde zu einem eigenen Bundesland, und das Burgenland kam als neues Bundesland hinzu.

    2. Viele Krisen und das Ende der Ersten Republik

      Nach ihrer Gründung erlebte die Republik Österreich mehrere Krisen. In den 1920er Jahren gab es in Österreich zuerst eine hohe Inflation (= Geldentwertung). Ab 1929 war Österreich – wie die meisten anderen Länder – von einer großen Krise der Weltwirtschaft betroffen. Viele Menschen in Österreich wurden arbeitslos.

      Der österreichische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß und seine christlich-soziale Regierung nützten die Krisensituation: 1933 schaltete Dollfuß das Parlament aus. Er wollte einen autoritären Staat gründen. Autoritär ist eine Regierung dann, wenn sie ohne demokratische Kontrolle, also ohne gewähltes Parlament, regiert.

      Engelbert Dollfuß
      (Bundeskanzler 1932–1934)

      An die Stelle der „Ersten Republik“ trat der „christlich-deutsche Ständestaat“ Österreich. Dieser Staat hatte keine demokratisch gewählten Institutionen. Er stützte sich unter anderem auf die katholische Kirche und wollte die politische Unabhängigkeit Österreichs gegenüber Deutschland aufrechterhalten.

      Im Februar 1934 kam es zu einem Bürgerkrieg. Auf der einen Seite standen die Regierung des Ständestaates und die christlich-sozialen Milizen. Diese Milizen waren mit der Regierung verbündet. Auf der anderen Seite kämpfte die verbotene sozialdemokratische Partei und ihre Miliz. Die Regierung des „Ständestaates“ gewann den Bürgerkrieg, weil sie sowohl ihre Milizen, als auch das Bundesheer einsetzen konnte.

      Im Sommer 1934 versuchten die Nationalsozialisten einen Putsch gegen die österreichische Regierung und ermordeten den Bundeskanzler Dollfuß. Aber noch scheiterte damals eine Machtübername durch die Nationalsozialisten und der „Anschluss“ an Deutschland.

      Doch im März 1938 wurde Österreich Teil des nationalsozialistischen Deutschland. Einerseits war die Macht Deutschlands bereits zu groß. Andererseits gab es in Österreich sehr viele Menschen, die den „Anschluss“ an Deutschland wollten. Die Regierung des Ständestaates unter Kurt Schuschnigg trat im März 1938 unter dem Druck Hitler-Deutschlands zurück. Das österreichische Bundesheer leistete keinen militärischen Widerstand.

      Verkündung des „Anschlusses“ Österreichs an Deutschland auf dem Wiener Heldenplatz

    3. Erste Republik und Ständestaat: Was lief schief?